Das historische Zielitz
Im Jahre 2012 hat Zielitz das 1075-jährige Jubiläum seiner ersten urkundlichen Erwähnung gefeiert. Es handelt sich dabei um eine Schenkungsurkunde von König Otto I. datiert auf den 21. September 937. Sie bestätigt, dass der Ort „Zelici“ dem Magdeburger Mauritiuskloster geschenkt wird.
Der Name Zielitz ist wahrscheinlich wendischen (slawischen) Ursprungs. Der Name soll sich von den Wörtern Sedliska, Sedlisce = Gehöft herleiten. Wechselvoll war die weitere Geschichte von Zielitz ganz gewiss, doch erst rund 250 Jahre später und in der Folgezeit verzeichnet man sporadisch weitere Urkunden über Zielitz.
Die Kirche von Zielitz
von Ortschronist Zielitz (mit OT Schricke) Herbert Riebau
Die Zielitzer Kirche ist nicht nur das älteste Denkmal des Ortes, sondern auch der Aufbewahrungsort von historischen Informationen.
Das Alter eines Ortes wird nach seiner ersten urkundlichen Erwähnung gerechnet. Dieses Datum stellt aber nicht die Gründung des Ortes dar, denn meist wurde ein Ort schon weit früher errichtet. Zielitz hat aber Glück, denn es wurde recht früh in einer Schenkungsurkunde Kaiser Otto I. erwähnt. Am 21. September 937 schenkte Kaiser Otto I. damals noch König (Krönung 962) dem Mauritiuskloster zu Magdeburg auch das Dorf Zielitz Es sind einige Dörfer erwähnt, die heute nicht mehr existieren. Wie Zielitz können auch die anderen Dörfer auf eine über 1000-jährige Geschichte zurückblicken. Das Dorf Zielitz soll wendischen (Slawischen) Ursprungs sein. Der Name soll sich von den Wörtern Seliska, Sedlisce = Gehöft herleiten. Nach einer neueren Theorie zu Folge wurden Wenden aus dem heutigen Bundesland Mecklenburg / Vorpommern hier angesiedelt und diese sollen den Dorfnamen aus ihrer alten Heimat mitgebracht haben. Für diese Theorie sprechen auch Namensähnlichkeiten. So gibt es am Karower See einen Ort Zietlitz. Ein weiterer Ort Zietlitz wurde 1949 Ortsteil von Sukow. Beide Orte wurden urkundlich später erwähnt als Zielitz.
Ob es bei der Ersterwähnung schon eine Kirche gab, ist nicht bekannt. In späterer Zeit wurde auf jeden Fall eine Kirche errichtet. Von diesem Vorläufer unserer heutigen Kirche sind wahrscheinlich nur die Grundmauern übriggeblieben. Die Kirche wurde, wie andere auch im Dreißigjährigen Krieg zerstört. Über dieses Ereignis berichtete ein Artikel aus dem Jahre 1927 unter anderem folgendes: „…In Zielitz blieben nur 2 Einwohner und in Farsleben 6 übrig. Nach dem Tod Gustav Adolfs ließ die Zucht bei dessen Soldaten so nach, daß dieselben ebenfalls alles verwüsteten und unmenschliche Grausamkeiten verübten. Der Schwedentrank, jene furchtbare Peinigung der Menschen durch übermäßiges Eingießen von Jauche, blieb beim Volke lange in entsetzlicher Erinnerung. Die Pest dauerte bis 1636, wo sie ihren Höhepunkt erreichte. Was das Schwert und der Hunger nicht vernichtete, machte die Seuche. 1637 war große Kälte im Januar und große Teuerung im ganzen Jahr. Auch 1638ging die Not von den Kaiserlichen und Schweden weiter. Schon litten auch die Soldaten Not. Sodaß sie Hunde und Katzen fraßen, sogar aber auch die eigenen Kameraden nicht schonten. Im Staatsarchiv in Magdeburg befindet sich ein Aktenstück, worin ein alter Einwohner von Zielitz dem Pastor zu Protokoll gibt, daß nach Friedensschluß 1648 nur noch die Grundmauern von Zielitz übrig geblieben seien, alles sei verwüstet und verbrannt, und die Kirche ein Schutthaufen, worin Wölfe hausten, die erst später, als sich mehrere Einwohner wieder gesammelt hatten, mit Dreschpflegeln und Forken vertrieben wurden. Zuerst wurde aus der Kirche der Schutt gebracht, um diese wenigstens als Unterkunft für die paar Einwohner notdürftig herzurichten. Hierbei wurde eine Menge Schädel und Knochen von Kroaten gefunden, die ihre Kameraden vor Hunger geschlachtet und gefressen und das Fleisch auf dem Altar gekocht hatten.“ 1)
Die erwähnten Akten konnten nicht mehr gefunden werden. Der Schreiber des Artikels war damals im Gemeinderat und in anderen Funktionen tätig und hatte zweifellos Einblick in Akten, die heute nicht mehr auffindbar sind.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde die Kirche (ca.1655) notdürftig wieder aufgebaut. Wenige Jahrzehnte später war die Kirche in so einem schlechten Zustand, dass ein Neubau günstiger war als eine Ausbesserung. Der Turm soll so schlecht gewesen sein, dass der Schulmeister nach seiner Aussage nicht ohne Gefahr auf den Turm steigen und läuten konnte. Da zur damaligen Zeit Zielitz dem Nonnenkloster Wolmirstedt gehörte, beschloss die damalige Domina Sibylla Katharina von Borstell den Neuaufbau der Kirche. Da die Mittel des Klosters für den Neubau der Kirche nicht ausreichten wandte sich die Domina an König Friedrich Wilhelm: Den genauen Text können wir einem Artikel von 1926 entnehmen den der damaliger Pfarrer Bubbe aus Farleben, zuständig auch für Zielitz, veröffentlicht hat: „Euerer Königlichen Majestät danke demütigst und in aller Untertänigkeit für die Gnade, so Eure Königliche Majestät in Schenkung einiges Holzes zum Aufbau der kleinen Kirche in Cröchern getan. So Gottes Segen darum für Eure Königliche Majestät tausendfältig: Er erhöhe und befestige dero Königlichen Thron mehr und mehr wie die Sterne am Himmel, insbesondere erhalte er dero geheiligte Person in Gesundheit und Leben bis in das höchste Alter, ja er kröne Euere Kgl. Majestät je mehr und mehr mit Gnade und Barmherzigkeit, auf daß alle und jede Notleidenden durch solche Gnadenquellen Erquickung und Erbarmung erlangen mögen. Allerverehrtester König, ich komme noch einmal zu bitten und zu flehen für noch eine arme Kirche, nämlich die Kirche in dem Klosterdorfe Zielitz, die nicht allein von sich selber etwas beitragen kann, so dann auch die dortige Gemeinde in den vorigen Jahren an Mißwachs und mehrmaligem Viehsterben in großer Armut geraten ist, weshalb sie unvermögend ist, einigen Beitrag zu solchem Kirchenbau zu tun. Euere Kgl. Majestät erbarme sich auch in Gnaden über diese arme Kirche gleich der Cröchernschen. Es ist Gottes Haus, welcher dann für Euere Kgl. Majestät Hohes Haus in dieser Zeit bauen, und in der seligen Ewigkeit eine herrliche Hütte dafür gehen wird...“ 2)
Der König befürwortete den Bau der Zielitzer Kirche und erließ eine Verordnung an die zuständigen Behörden. Die zuständige Behörde war in diesem Fall die Kriegs- und Domänenkammer des Herzogtums Magdeburg. Am 13. Juni erhielt der Landesbaumeister Fiedler den Befehl nach Zielitz zu fahren, um einen Anschlag zu erstellen. (Wir würden heute dazu Kostenvoranschlag sagen.)
Der König hatte in seiner Verordnung auch eine Untersuchung angeordnet, ob die Gemeinde Zielitz nicht imstande sei, die Kirche selbst zu bauen. Mit dieser Aufgabe wurde Accise-Inspektor Michel Lindemann aus Magdeburg beauftragt. Er teilte der Domina am 28. Juli mit, dass er Zielitz besuchen werde und sie aufforderte einen Zimmermann und einen Maurermeister zu bestellen.
Anscheinend hat dem Inspektor an Zielitz etwas missfallen, denn sein Bericht an den König war so abgefasst, dass der König das Gesuch der Domina ablehnte. Die Ablehnung erfolgte am 26. September 1725 und wurde der Domina am 11. Oktober bekannt. Die Domina hat uns handschriftlich folgendes hinterlassen: „Ob mich nun gleich solche Nachricht in etwas betrübte, so wuchs dennoch mein Glaube unter solchen trüben Wolken wieder hervor, faßte einen Mut, ging aber vorher zu dem, der aller Menschen, auch der Könige Herzen in Händen hat, bat ihn, daß er doch Kgl. Majestät Herz lenke, damit sie der armen Kirche einige Gnade möchte zufließen lassen.“ 3)
Die Domina schrieb erneut einen Brief an den König: „Nachdem Gott Euer Kgl. Majestät Hohes Haus abermals mit einem Prinzen gesegnet, deshalben sich alle dero Lande und darinnen befindenden getreuen Untertanen freuen, auch viele Elende und Dürftige dieses neugeborenen Prinzen halber Gnade erlangt haben, so lege auch ich die arme und dürftige Kirche im Klosterdorfe Zielitz zu Eurer Majestät Füßen, und bitte in dieser Armut, Euere Kgl. Majestät lassen um dieses neugeborenen Prinzen willen der armen Kirche auch eine Gnade zufließen...“4)
Diesmal wurde ihre erneute Bitte erhört. In einem Schreiben vom 13. März 1726 aus Berlin wurde verfügt, dass man das erforderliche Holz dem Kloster „unentgeltlich verabfolgen“ solle.
Nachdem alle Mittel zum Neubau der Zielitzer Kirche bereitstanden, konnte am 29. April 1726 die alte Kirche abgerissen werden. Die ganze Gemeinde Zielitz traf sich in der alten Kirche. Vom damaligen Pastor Gramschütz wurde eine Betstunde abgehalten. Danach begann man mit dem Abriss der Kirche. Innerhalb von 2 Tagen war die gesamte Kirche abgerissen. Die Mauern der Kirche wurden mit Bäumen umgestoßen. Da die Kirche in einem sehr schlechten baulichen Zustand war ging es relativ leicht. Bereits zum 19. Juni war die Kirche ohne den Turm zum größten Teil errichtet. So konnte der Turmbau begonnen werden. Am 5. Juli wurde die „Turmaufrichtung“ fertig und es wurde, wie wir heute sagen würden, ein Richtfest gefeiert. Die ganze Gemeinde Zielitz traf sich vor der neuen Kirche. Eine Krone wurde auf die Spitze des Turmes gesetzt. Es wurden kirchliche Lieder gesungen und Reden gehalten. Zum Abschluss sagte die Domina folgendes: „Gott, der ein Wohlgefallen an Freude und Liebe hat, hat es auch um solcher Einigkeit willen in Gnaden angesehen und durch seinen Schutzengel die Wacht gehalten, daß kein einziger bei solchem Aufbau in 5 Monaten verunglückt ist, daß er ein Gebein gebrochen hätte oder sich zu Tode gefallen wäre, was doch, ob es gleich eine kleine Kirche ist, leicht hätte geschehen können. Bis hierher hat der Herr geholfen; er helfe ferner und lasse seinen Schutzengel niemals von dieser lieben Kirche weichen, gebe auch, daß alles, was noch hieran zu arbeiten ist, in Segen geschehen möchte.“ 5)
Die Einweihung der neuen Kirche erfolgte feierlich am 1. Oktober 1726 vormittags 10 Uhr. Eine Gedenktafel im Kirchturm erinnert noch heute an den Neubau der Kirche. Die Gedenktafel trägt folgende Inschrift:
Gedenktafel im Kirchturm (Aufnahme H. Riebau von 2000)
„Durch die Gnade Gottes Hohe königl. Milde
des Aller Durchlauchtigsten Großmächtigsten Herrn Friedrich Wilhelms Königs in Preußen
und einigen beytrag Christlicher Herzen ist die Kirche
zu Zielitz von grunde aus neu aufgebauet. Der Anfang wurde
gemacht am Tage Sibylla als am 29. April Ao´ 1726
und durch vielen willigen Fleiß der ganzen Gemeinde geendigt
den 28 Sept. Ao 1726 welches Ihnen zum Ewigen Nachrum
und anderen zum guten Exempl. in diesen Stein anzeichnet bleibt
Bewahre deinen Fuß-hörett. Pred. Salom. 4 v. 17”
Der Kirchturm wurde 1877 mit Backsteinen (neugotisch) erneuert und die Gedenktafel von 1726 wurde wieder eingesetzt.
Die Zielitzer Kirche wurde seit ca. 1544 von Farsleben mit verwaltet. Die Farsleber Pfarrer waren für die Filiale Zielitz mitverantwortlich. Eine Übersicht der Farsleber Pfarrer gibt uns somit auch Auskunft über die zuständigen Pfarrer für Zielitz.
Johannes Tuchen 1544-
Johannes Krieg 1580-1594
Michael Mirus
Unbesetzt, Gemeinde von Wolmirstedt verwaltet
Christian Erdmann 1650-
Georg Christoph Fabricius 1669-1698
Chrisstian Gramschütz 1698-1730
Johann Christoph Petzsch 1730-1753
Johann Friedrich Andreae 1753-1787
Christoph Willing 1788-1832
Johann Peter Benedikt Wiegmann 1833-1879
Hermann Moritz Schellert 1879-1924
Friedrich Wilhelm Alfred Erich Bubbe 1924-1929
Heinrich Geppert 1930-1939
Unbesetzt
Wilhelm Banszerus 1945-1949
Christfried Gabriel 1950-1959
Unbesetzt, verwaltet von Loitsche
Herbert Rudies 1961-1996
Ernst Kuhn 1996-2001
Zielitz von Glindenberg mit verwaltet 2001-2013
Andreas Nestler
Zielitz von Colbitz mit verwaltet 2013-2019
Gabriele Kerntopf
Thomas Meyer 2019
An der Farsleber Kirche befindet sich eine Grabplatte die einen der ersten Pfarrer von Farsleben und Zielitz darstellt. Die Grabplatte stellt Pastor Michael Mirus (gest. 1618) mit Talar und hohem Stehkragen dar. Die Grabplatte trägt die Umschrift: „AO 1618 DEN X FEBRV: IST DER EHRWVRDIGE VND WOHLGELAR: H: MIRVS V: MEISSENBV`-......SEINES ALTERS IM 53 IHAR ALHIER ZV VERSLEBE SELIG IM HERRN ENTSCHLAFEN DER SEELE GOTT GNEDIG SEY“
Über die Zielitzer Glocke wurde in einem Artikel im Allgemeinen Anzeiger vom 24 April 1926 folgendes berichtet: „Zielitz
Einen unvergeßlichen Abend durfte die Gemeinde am Dienstag erleben. Die neue Bronzeglocke war am Morgen von der Hofglockengießerei Franz Schilling Söhne aus Apolda in Thüringen mit der Bahn angekommen und sollte nun feierlich nach der Kirche eingeholt werden. Damit sich die ganze Gemeinde daran beteiligen konnte, war die Feier auf den Abend gelegt. Schon am Nachmittag hatten freiwillige Kräfte aus der Gemeinde die Glocke aus dem Eisenbahnwagen auf den Rollwagen des Mühlenbesitzers Moritz vor der Bahnhofsrampe geschafft, und die jungen Mädchen hatten Wagen und Glocke mit Girlanden und leuchtenden Blütenzweigen schön geschmückt. Abends Punkt 8 Uhr begann die seit dem Weltkriege, wo die große Glocke abgeliefert wurde, uns gebliebene kleine Glocke, ihrer Schwester den Willkommensgruß zu künden. Die Gemeinde sang vor der Eisenbahnrampe angesichts der neuen Glocke: „Ich bete an die Macht der Liebe“. Der Ortspfarrer Bubbe grüßte die neue Glocke, die bald miteinstimmen soll in den Klang der anderen. Froh dürfen wir sein, daß es uns vergönnt ist, sie ihrer hohen Bestimmung zuzuführen, sie einzuholen und zu weihen. Daß dieses Ereignis von allen Gemeindegliedern in seiner vollen Größe gewürdigt wurde, zeigt sich, als sich ein langer Zug nach der Kirche in Bewegung setzte. Hinter der Glocke folgte die gesamte Schuljugend mit ihrem Lehrer, Kantor Paelke, darauf die jungen Mädchen und jungen Männer und schließlich die Männer und Frauen der Gemeinde mit ihrem Ortspfarrer. Auf dem Kirchplatz vor der Kirche wurde Halt gemacht und gemeinsam „Lob den Herren“ gesungen. Pastor Bubbe hielt eine kurze Glockenandacht, anknüpfend an jenen denkwürdigen 30. Januar, wo die kirchlichen Körperschaften mit der Glockengießerei den Vertrag wegen der Glocke abschlossen, deren Guß überraschend schnell geschah. Die Glocke trägt auf der einen Seite die Bemerkung, daß sie anstelle der im Weltkrieg 1914-1918 abgelieferten Glocke 1926 beschafft ist, auf der anderen Seite ist die Inschrift die frohe Engelsbotschaft zu lesen: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen“. Mag die Glocke zusammen mit der anderen froh bei Taufen und Trauungen heilig an Sonntagen und Feiertagen, traurig und tröstlich bei Beerdigungen klingen, das Leben der Gemeinde begleiten und allezeit an des Apostels Wort erinnern: „Nun aber bleibt Glaube, Liebe, Hoffnung, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen“. Der gemeinsame Gesang „Nun danket alle Gott“ schloß diese für unsere Gemeinde einzigartige Feier des Abends. Hoffen wir, daß die neue Glocke am Tage der Kirchenvisitation durch den Superintendenten Heinrichs aus Wolmirstedt, am 2. Mai, miteinstimmen kann in die Losung des Tages: Cantate. Singet, und „Du Glocke, klinge und singe mit“.6)
Die Zielitzer Kirchenglocke (Aufnahme H. Riebau von 2000)
Ein weiterer Artikel zur neuen Glocke erschien einen Monat später und hatte folgenden Inhalt: „Zielitz
Am Himmelfahrttage wurde unsere neue Bronzeglocke im Gottesdienst feierlich geweiht. Der Predigt lag die Inschrift der Glocke zugrunde: "Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen im Wohlgefallen". Im Anschluß daran fand ein Trauergeläut statt für alle, denen bei ihrem Heimgang draußen im Felde und hier in der Heimat nicht die beiden Glocken vereint den Abschiedsgruß hatten läuten können, seitdem die große Glocke abgeliefert war. Am Abend wurde auf einem Familienabend im Mangelsdorschen Gasthofe durch Kantor Paelke wirkungsvoll das Lied von der Glocke von Schiller zum Vortrag gebracht. Pastor Bubbe gab den von der neuen Kirchenverfassung vorgeschriebenen Arbeitsbericht des Gemeindekirchenrats. Landwirt Robert Glaesing bot die Fortsetzung seines Vortrages über die Geschichte von Zielitz. Gemeinsam gesungene Lieder rahmten das Gebotene ein.“ 7)
Der älteste Zeitungsbericht über unsere Kirche ist im Jahre 1894 im Allgemeinen Anzeiger zu finden und hat folgenden Wortlaut: „(Eingesandt) Am Erntedankfest fand Nachmittags in der Kirche zu Zielitz eine geistliche Musikaufführung unter Leitung des Herrn Lehrer Schenk und unter Mitwirkung der Herren Lehrer Lenz- Neuhaldensleben und Steger-Halle, auch einer jungen Dame als Sopransolistin statt. Das Programm war sehr reichhaltig und mit seinem Geschmack, der Bedeutung des Tages Rechnung tragend, zusammengestellt. Vorträge auf der Orgel, unter welchen besonders die Cantilene von Rheinberger und ein Adangio von Drobisch ansprachen, Trios für Orgel, Violine und Cello wechselten mit Sopran- Solis und mit Liedern für gemischten Chor ab. Letzterer war aus Mitgliedern des Gesangvereins von Zielitz, aus den Schulkindern und den letztconfirmirten Töchtern gebildet. Besonders die Chorlieder fanden den ungetheilten Beifall der zahlreich erschienenen Hörer. Sie wurden mit einer Sicherheit und Reinheit und mit solchem Verständniß vorgetragen, daß dem Dirigenten und allen Mitwirkenden volles Lob gespendet werden muß. Es ist in der That Mustergültiges geleistet worden. Möge der Erfolg ein Sporn zur weiteren Pflege der musica sacra- der heiligen Musik- in der dortigen Gemeinde sein! Sch.“ 8)
Ein weiterer wichtiger Zeitungsartikel stammt aus dem Jahre 1908 und berichtet über einen Blitzeinschlag in die Zielitzer Kirche: „Zielitz 20. Juni
Das Gewitter, welches am Freitagabend in unserer Gegend niederging, hat hier ganz bedeutenden Schaden angerichtet, indem ein starker Hagelschlag viele Feldfrüchte vernichtete und Fensterscheiben zerschlug. Außerdem hat der Blitz in den Kirchturm eingeschlagen, ohne glücklicherweise zu zünden. Der Schlag ging in der Westseite des Turmes, dann in kurzer Wendung nach der Ostseite herüber und im Zickzack nach unten. Das Schieferdach und ein Fenster über der Tür wurden beschädigt.“ 9)
Eingang zur Kirche mit der Eiche an dem das ehemalige Denkmal gestanden hat (Aufnahme H. Riebau 2021)
Ein weiterer Artikel erschien im gleichen Jahr. Der Artikel erwähnt ein Denkmal für die Gefallenen des Krieges von 1870/71 das sich an einer Eiche befunden hat: „Zielitz.10. September. Zur patriotischen Nachfeier des Sedantages hatten sich die Krieger- und Landwehrvereine von Zielitz und Loitsche vereint. Das Fest begann mit einem interessanten "Krieg im Frieden". Die Zielitzer Partei zog sich unter Feuerdeckung nach hartnäckiger Verteidigung der Wehrmühle über die Sandbreite nach dem Mühlenberge zurück. Aus dieser Position schlugen sie mit wirksamem Feuer den Ansturm der Loitscher Partei ab. Die Gefechtsleitung lag in den Händen des Herrn Oberleutnant d. L. Gläsing; den Fahnenzug führte Herr Simon Wiegmann. An dem Denkmal unter der Friedenseiche wurde danach durch Widmung eines Kranzes der im Kriege 1870 gefallenen Zielitzer ehrend gedacht.“ 10)
Auch älteste Bewohner von Zielitz können sich an dieses Denkmal nicht erinnern. Die „Friedenseiche“ steht noch vor dem Eingang zur Kirche und damit ist der ungefähre Standort des verschwundenen Denkmals einzuschätzen. Über eine Gedenktafel für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges die sich im Kirchturm befindet, war im Jahre 1924 folgendes zu lesen: „Zielitz (Krieger-Gedenktafel Enthüllung)
Am Sonntag den 17. Februar, fand in hiesiger Kirche die feierliche Einweihung der Gedenktafel aus dem Weltkrieg 1914- 18 statt. Nachdem die Kirche schon voll besetzt war, nahmen noch unter feierlichen Klängen der Landwehr-Verein Loitsche und der Krieger-Verein Zielitz ihre Aufstellung vor der Gedenktafel. Superintendent Schellert, Farsleben, legte seiner Festrede das Wort der heiligen Schrift zu grunde Joh15, Vers 13, Niemand hat größere Liebe denn die, daß er sein Leben läßt für seine Freunde". Unter dem Läuten der Glocke fand die Enthüllung statt, worauf anschließend das Lied "Ich hat einen Kameraden" gemeinschaftlich gesungen wurde. Während des Gesanges fand die Niederlegung von Kränzen statt. Die Feierlichkeit schloß mit dem Niederländischen Dankgebet, in welchem die Töne der Orgel und der Musikkapelle zum Schluß zu einem Strom anschwollen "Herr mach uns frei" Die Gedenktafel wurde vom Krieger-Verein Zielitz gestiftet.“ 11)
Gedenktafel für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges (Aufnahme H. Riebau 2000)
Vielen Bewohnern von Zielitz und auch dem Kirchenrat war das genaue Datum dieser Gedenktafel nicht bekannt. Erst nach der Durchsicht der Zeitungsartikel konnte den Bewohnern das genaue Datum zugänglich gemacht werden. Auch die im folgenden Artikel beschriebenen Fakten waren bisher nicht bekannt. So wurde im Jahre 1925 berichtet: „Zielitz
Am letzten Sonntag fand die feierliche Einführung des Kantors und Organisten Paelke, der nach seiner Uebersiedlung von Olvenstedt am 1. Mai sein neues Schul- und Kirchenamt in Zielitz angetreten hat, in Gegenwart der vollzählig erschienenen kirchlichen Gemeindevertretung in der Kirche durch den Oberpfarrer statt, der in seiner Ansprache darauf hinwies, daß die kirchlichen Körperschaften dem neuen Kirchenbeamten ihr Vertrauen entgegenbringen in dem gemeinsamen Streben für die christliche Erziehung und Unterweisung der Jugend und für die Pflege der Kirchenmusik in Gesang und Spiel zur inneren Sammlung und Erbauung der Gemeinde.“ 12)
Über einen Gedenktag der noch bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges in der Zielitzer Gemeinde und in Farsleben am 25. Juni gefeiert wurde, berichtet ein Zeitungsartikel aus dem Jahr 1926:“Farsleben-Zielitz (Hagelfeier)
Der 25. Juni ist ein besonderer Gedenktag in unseren Gemeinden wie auch in manchen Ortschaften der Umgegend. Der Pastor Müller von Samswegen hat 1861 dem damaligen Pastor Wiegmann von Farsleben eine Nachricht zukommen lassen, die in unserer Kirchenchronik niedergelegt ist. Danach kam im Jahre 1740, am 25. Juni, abends nach 5Uhr, gerade an einem Sonnabend aus der Altmark, also aus Norden, das furchtbarste Gewitter, das im 18. Jahrhundert unsere Gegend betroffen und das schon in der Altmark durch Hagel und Platzregen viele Verheerungen angerichtet hatte. Das Unwetter entlud sich über unsere Gegend verheerend durch Hagel in der Größe eines Hühnereis verbunden mit heftigsten Orkan und mit wolkenbruchähnlichem Regen. Die Viehherden hatten dadurch schwer gelitten, viele Lämmer wurden erschlagen, Gänse kamen um. Die Feldfrüchte standen in dem Jahre wunderschön, umso schmerzlicher war der Verlust. Ein ähnliches, doch lange nicht so starkes Hagelwetter ereignete sich schon vorher am 26. Mai 1698. Die 1740 vom Unwetter betroffenen Gemeinden setzten den 25. Juni, jenes Unglückstages, als einen jedes Jahr wiederkehrenden Buß- und Bettag für sich und ihre Nachkommen ein. Es wurden Bußlieder gesungen, Kanzel und Altar trugen die schwarze Bekleidung. Man hielt den Tag heilig und in Ehren, am Vormittag und Nachmittag wurden Predigtgottesdienste gehalten, den ganzen Tag über wurde nicht gearbeitet. Später wurde die Hagelfeier am Sonntag vor oder nach dem Johannistage gehalten, jetzt findet sie hier und in benachbarten Gemeinden am Sonntag nach dem 25. Juni statt.“ 13)
Der Kirchturm von Zielitz befinden sich Holztafeln von Zielitzer Bürgern die in den Befreiungskriegen mitgekämpft haben und gefallen sind. So führt eine Tafel die Teilnehmer an den Befreiungskriegen auf. Ursprünglich waren die erworbenen Auszeichnungen an der Tafel zu finden, diese sind aber im Laufe der Zeit entwendet worden. An diese Auszeichnungen erinnern nur noch Ordensbänder und Flecken auf der Tafel. Es sind insgesamt 15 Männer und die militärischen Einheit in die sie damals kämpften aufgeführt:
Holztafel mit den Teilnehmern der Befreiungskriege 1813/14 und 1815 (Aufnahme H. Riebau 2000)
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Andreas Böse 1. Elbe-Landwehr-Infanterieregiment 1814 und 1815
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Andreas Eichel 5. Kurmärkisches Kavallerieregiment 1813/14 und 1815
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Heinrich Glaesing 5. Kurm. Landwehr-Inf. Regt. 1813/14 und 1815 verwundet
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Christoph Gichau 1. Elb-Landwehr-Kav. Rgt 1814 und 1815
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Joachim Hamel 1. Elb-Landwehr-Infanterieregiment 1814 und 1815
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Jacob Klebe Unteroffiz. 5. Kurm. Landw. Inft.-Regt. 1813/14 u. 1815
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August Knochenmus 26. Elb. Landwehr Inft.-Regt. 1813/14 und 1815
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Christoph Linke 2. Detachement Magdb. Reitenden freiwill. Jäger 1815
diente 1813/14 bei den Hanseaten
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Heinrich Knochenmus 26 Elb. Landwehr Inft.-Regt. 1814 und 1815
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Wilhelm Meißner Lützow. Corps. 2. Eskadron der freiwilligen Jäger
1813/14
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Christoph Nahrstedt 1. Elb. Landwehr-Inft.-Regt. 1814 und 1815
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Jacob Pasche 31. Linien. Inft. -Regt. 1814 und 1815
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Georg Schulze 31. Linien.-Inft.-Regt. 1814 und 1815
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Andreas Geisleben 1. Elb. Landwehr-Inft.-Regt 1814 und 1815 verwundet
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Mathias Steffen 1. Elb. Landwehr-Inft.-Regt. 1814 und 1815
Zwei Tafeln für die Gefallenen in den Befreiungskriegen (Aufnahme H. Riebau 2000)
Zwei Zielitzer Bürger fanden in den Befreiungskriegen den Tod. Sie wurden jeweils mit einer Holztafel gesondert geehrt. Johann Jacob Helmecke starb am 6. September 1815 in Flores an Nervenfieber, nachdem er in der Schlacht bei Waterloo teilgenommen hatte. Auf der Tafel ist der Name Belle Alliance zu lesen, das ist der Name eines ehemaligen Gasthauses (franz. „schöne Verbindung“) das Napoleon Bonaparte in der Schlacht bei Waterloo als Hauptquartier benutzte. In der preußischen und deutschen Geschichtsschreibung wurde dieser Name der Schlacht lange benutzt, bis sich Waterloo allgemein durchsetze. Der zweite Zielitzer war Johann Friedrich Gläsing, er hatte von 1811 bis 1812 als westfälischer Garde Kavallerist gedient (auf französischer Seite, da das Königreich Westfalen vom Bruder Napoleon regiert wurde). Von 1813/14 und 1815 diente er als preußischer Infanterist beim 26. Inf.-Regt. unter General von Bülow. Am 20. Juni 1815fand er beim Sturmangriff auf Namur durch eine franz. Kanonenkugel den Tod. Zwei weitere Holztafeln erinnern 1866 an den Krieg gegen Österreich und 1870/71 an den Krieg gegen Frankreich. So ist der einen Tafel zu entnehmen das neun Zielitzer an den Kämpfen gegen Österreich teilnahmen. Wiederum sind genaue Daten über die militärischen Truppenteile in denen sie dienten vermerkt. Am Krieg gegen Dänemark 1864 scheinen keine Zielitzer Bürger teilgenommen zu haben, oder diese Tafel ist verloren gegangen. Hinweise hierfür sind nicht vorhanden. Auf der Tafel für den Krieg gegen Frankreich sind 28 Teilnehmer vermerkt, zwei davon wurden mit einem Kreuz versehen und somit als Gefallene verzeichnet. Für diese beiden Zielitzer Dorfbewohner C. Lorenz und C Ziemann gab es vermutlich ein Denkmal vor der Kirche wie in einem Zeitungsartikel erwähnt. An der Tafel sind noch die Ordensbänder für erworbene Auszeichnungen zu erkennen. Die Orden müssen im Lauf der Zeit verschwunden sein. Der gefallene C. (Carl) Lorenz hatte schon am Krieg gegen Österreich teilgenommen. Diese Tafeln enthalten wichtige Informationen für die Dorfgeschichte und der Familiengeschichte einzelner Zielitzer Bürger.
Im Kirchturm befindet sich auch Tafeln für Teilnehmer der Kriege von 1866 und 1870/71 (Aufnahme H. Riebau 2000)
Im Außenbereich der Kirche befindet sich ein Ehrenmal das heute an die Opfer zweier Weltkriege erinnert. Die Errichtung dieses Denkmal wurde in den 20ziger Jahren des letzten Jahrhunderts datiert, diese Zahl bezieht sich aber auf die Gedenktafel im Kirchturm. Nach Zeitungsartikeln konnte das genaue Datum ermittelt werden. So war im Mai 1938 in der Zeitung folgendes zu lesen:“
Das Ehrenmal bald fertig
Zielitz 6. Mai Das Ehrenmal für die im Weltkriege gefallenen Söhne unseres Dorfes ist bald fertiggestellt, so daß noch in diesem Sommer die Einweihung erfolgen kann. Das Denkmal ist aus einfachen Feldsteinen hergestellt. Der halbkreisförmige Hintergrund wird an beiden Seiten von zwei mächtigen Zementblöcken flankiert, auf denen im Sommer Blumenschmuck zu stehen kommt. In der Mitte des Ehrenmals wird die Gedenktafel an den großen Krieg von 1914 bis 1918 angebracht, während die Seiten mit kleineren Erinnerungstafeln ausgefüllt werden. Jeder gefallene Zielitzer Einwohner wird eine eigene Tafel mit seinem Namen und seinem Todestag erhalten. Zu dem Denkmal führen rechts und links von der Kirchmauer einige Stufen. Der Vorplatz des Ehrenmals wird noch gärtnerisch ausgestaltet“ 14)
Als das Ehrenmal fertig gestellt war wurde es am 10. Juli 1938 eingeweiht. Über diesen Vorgang waren folgende Zeilen zu lesen:
„Zielitz 10. Juli
Heute nachmittag wurde in feierlicher Weise das von der Gemeinde für die 13 im Weltkriege gefallenen Söhne vor der Kirche errichtete Ehrenmal eingeweiht. Der ganze Ort hatte dazu ein Festgewand angelegt. Das als Rundbau massiv ausgeführte Mal wird gekrönt von dem Eisernen Kreuz von 1914 und trägt in halber Höhe die Tafeln mit den Namen und dem Todestag der Verblichenen. Reicher Kranzschmuck zierte das sehr gut wirkende Mal, und jeder, der vorüberkommt, sollte es sich bestimmt ansehen. Es kann bestimmt vielen Gemeinden als Vorbild dienen.“ 15)
Aus der damaligen Zeit ist noch eine alte Postkarte erhalten geblieben. Diese Karte zeigt das rechts und links an den Zementblöcken Hackenkreuze angebracht waren. Diese wurden nach dem Krieg entfernt. Im Jahre 1995 wurde das Denkmal umgestaltet und mit zwei Tafeln an die Opfer zweier Weltkriege gedacht. Bleibt noch die Frage warum damals 13 Zielitzer geehrt wurden, in der Kirche aber 16 gefallene angegeben wurden. Damals waren Zielitz und Schricke noch selbständige Dörfer. Seit 1805 bildeten beide Dörfer aber eine Kirchgemeinde, so dass in der Kirche auch Schricker Bürger Erwähnung fanden.
Die Zielitzer Kirch und das Denkmal auf dem ehemaligen Friedhof (Aufnahme H. Riebau 2021)
Über die Zielitzer Kirche ist im Denkmalverzeichnis Sachsen-Anhalt folgender Eintrag zu finden: „KIRCHE; ortsbildbeherrschende Lage inmitten eines Kirchhofs, schmaler Saalbau des Barock mit Satteldach und flachem Chorschluss, an den Längsseiten profiliertes Traufgesims, große Korbbogenfenster, das Innere eindrucksvoll mit dreiseitig umlaufender Empore und Altar-Kanzel-Prospekt in einfachen spätbarocken Formen, der Kirchsaal an Stelle eines älteren Vorgängerbaus 1726 neu errichtet, der backsteinerne Westturm mit hohem Spitzhelm in einfachen romanisierenden Formen 1877 angebaut.“ 16
Am 20. April des Jahres 2013 wurde mit einem Orgelkonzert die durch zwei Fördermaßnahmen restaurierte Kirche von Zielitz der Kirchgemeinde und den Einwohnern feierlich übergeben. Das Orgelkonzert wurde von der Kantorin Stefanie Schneider aus Wolmirstedt vorgetragen, es wurden unter anderem Orgelstücke von Händel, Böhm, Elgar und eigene Stücke zum Vortrag gespielt.
Im Zeitraum von 2010 bis 2012 wurden im Auftrag der Gemeinde an der Zielitzer Kirche denkmalsgerechte Außen und Innenarbeiten durchgeführt, die dem Erhalt der historischen Kirche dienten. Mit der Planung und Kontrolle dieser Arbeiten wurde das Ingenieurbüro von Dipl.-Ing. Erhard Jahn beauftragt. Diese Sanierungsmaßnahmen wurden durch das ALFF (Amt für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten) gefördert.
In der ersten Maßnahme wurden im wesentlichem alle Außenarbeiten durchgeführt. Eine dieser Arbeiten waren Mauer- und Putzarbeiten, dabei wurde der restliche Putz entfernt und die Kirche neu angeputzt und gestrichen. Der Putz wurde nach historischer Vorlage als so genannter Besenstippputz ausgeführt. Da diese Technologie nicht mehr üblich ist wurde sie von den eingesetzten Handwerkern weitgehend nachgeahmt. Auf alten Fotos sind an der Kirche noch größere Putzreste zu erkennen. Die alte Dachdeckung des Kirchenschiffes wurde entfernt und durch denkmalgerechte rote Dachsteine ersetzt. Durch eine Steinmetz Firma wurden die Sandsteinsäulen und andere Sandsteinornamente ersetzt, die im Laufe der Jahrhunderte fast zerstört waren. Aber nicht nur die Steinmetze hatten zu tun, sondern auch Tischlerarbeiten waren zu erledigen. So wurden zum Beispiel sämtliche Schallluken aus Eichenholz erneuert. Die Fenster in den Turmhelmen, die Rundfenster im Turmschaft und die Tür im Ostgiebel wurden ebenfalls vom Tischler erneuert. Sämtliche Bleiglasfenster im Ostgiebel mussten überarbeitet werden und andere Kleinarbeiten wurden ausgeführt. Eine größere Arbeit stellte die Trockenlegung des Kirchenmauerwerks dar. Zu diesem Zweck wurde das Fundamentmauerwerk freigelegt und mit einer Lehmpackung versehen. Außerdem wurden Entwässerungsleitungen eingebaut. Etwas entfernt von der Kirche wurden zwei Sickerwasserschächte angelegt, in denen auch das Regenwasser der Dachflächen eingeleitet wird. Da die Sickerschächte auf archäologisch interessantem Gelände liegen wurden vorher Ausgrabungen eingeleitet. Dabei wurden eingestürzte Grüfte und Bestattungsreste des ehemaligen Friedhofes freigelegt. Weitere Funde wurden für eine spätere Auswertung sichergestellt.
Das Ziffernblatt der Turmuhr wurde ebenfalls nach historischem Vorbild restauriert. Viele weitere Kleinarbeiten wurden ausgeführt und verbesserten das Aussehen der Kirche. Im Innenraum wurde etwa ein Drittel des Innenputzes erneuert. Eine größere Herausforderung stellte der Fußboden der Kirche dar. Hier wurde der Fußboden, der sich unter den Bänken befand, ausgebaut und durch nachgebildeten historischen Fußboden ersetzt. Im Abschlussbericht finden wir dazu folgende Beschreibung: „…Auch unter den Bankblöcken wurde der dort befindliche Holzfußboden ausgebaut und durch historischen Fußboden nachgebildet. Dieser historische Fußboden besteht aus im Schachbrettmuster verlegten keramischen Platten im Wechsel mit örtlich gegossenen Hartgipsplatten. Hier war die örtliche Anpassung im Übergangsbereich von Altfußboden zu Neufußboden etwas problematisch, war aber aus denkmalspflegerischen Gründen notwendig. Im gesamten Bereich der neuen Fußböden, unter den Bänken und in der Winterkirche wurde eine Elektronachtspeicherheizung mit zugehöriger Dämmung und erforderlichem Speicherestrich eingebaut.“ 17)
Blick vom Kirchturm beim Hochwasser 2002 (Aufnahme H. Riebau 2002)
In einer zweiten Fördermaßnahme konnten die meisten Innenarbeiten in der Kirche erledigt werden. Ein großer Teil der Tischlerarbeiten wurde von der Tischlerei Jörg Wald aus Zielitz ausgeführt. Die Bänke der Kirche konnten nicht mehr aufgearbeitet werden und mussten durch neue ersetzt werden. Die neuen Bänke wurden nach dem Vorbild der vorhandenen nachgebaut. Die Kirche wurde auch mit einer neuen aufklappbaren Falttür für den Kirchensaal ausgestattet. Einer der auffälligsten Arbeiten war unter anderem der neue Schaukasten vor der Kirche. Eine von den vielen kaum sichtbaren, aber notwendigen Ausbesserungsarbeiten war zum Beispiel die Ausbesserung der Holzschnitzarbeiten an der Kanzelumrahmung. In der Kirche wurden auch viele Elektroarbeiten durchgeführt, wobei der wesentliche Teil im Einbau einer neuen Nachtspeicherfußbodenheizung lag. Von den vielen Malerarbeiten soll besonders die Schablonenmalerei in den Deckenfeldern und die Erneuerung der Sinnsprüche an der Kanzelwand hervorgehoben werden. Über die Orgelsanierung wurde Im Abschlussbericht folgendes festgehalten: „Die Orgel war vor längerer Zeit dahingehend umgebaut worden, dass sie vom Altarraum zu bespielen war. Damit war eine direkte Bespielung nicht mehr möglich. Es wurde deshalb entschieden, die ursprüngliche direkte Bespielbarkeit und den Originalzustand von 1889 wieder herzustellen. Neben einer gründlichen Reinigung und Imprägnierung gegen den starken Holzwurmbefall wurden Arbeiten am Gehäuse ausgeführt. Neben der Überarbeitung der gesamten Spielanlage einschließlich Trakturen, Windlage und Pfeifenwerk waren auch die elektrischen Ausstattungen der Orgel und eine neue Gestaltung des Gehäuses erforderlich…“ 18)
Die umfangreichen Arbeiten haben sich gelohnt, das konnten die Zuhörer beim Orgelkonzert feststellen. Die Zielitzer Kirche erstrahlt im neuen Glanz und ist somit auch für zukünftige Generationen nutzbar.
Diese Grabplatte wurde bei den Sanierungsarbeiten an der Zielitzer Kirche gefunden und an der Außenseite des Kirchturms angebracht (Aufnahme H. Riebau 2021)
Anmerkungen:
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Glaesing R.: König Gustav Adolf von Schweden in unserer Gegend, Heimatstimmen Nr.10, Monats-Beilage zum Allgemeinen Anzeiger für die Kreise Wolmirstedt und Neuhaldensleben 1927, S. 76
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Bubbe: Wie Zielitz vor 200 Jahren eine neue Kirche erhielt, Heimatstimmen Nr.12, Monats-Beilage zum Allgemeinen Anzeiger für die Kreise Wolmirstedt und Neuhaldensleben 1926, S. 4- 5
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Bubbe: Wie Zielitz vor 200 Jahren eine neue Kirche erhielt, Heimatstimmen Nr.12, Monats-Beilage zum Allgemeinen Anzeiger für die Kreise Wolmirstedt und Neuhaldensleben 1926, S. 6
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Bubbe: Wie Zielitz vor 200 Jahren eine neue Kirche erhielt, Heimatstimmen Nr.12, Monats-Beilage zum Allgemeinen Anzeiger für die Kreise Wolmirstedt und Neuhaldensleben 1926, S. 6
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Bubbe: Wie Zielitz vor 200 Jahren eine neue Kirche erhielt, Heimatstimmen Nr.12, Monats-Beilage zum Allgemeinen Anzeiger für die Kreise Wolmirstedt und Neuhaldensleben 1926, S. 8
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Allgemeiner Anzeiger 1926, Nr. 49, So. 24. April
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Allgemeiner Anzeiger 1926, Nr. 59, Di. 18. Mai
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Allgemeiner Anzeiger 1894 Nr. 110 So. 13. Oktober
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Allgemeiner. Anzeiger 1908, Nr. 73, Di. 23. Juni
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Allgemeiner Anzeiger 1908, Nr. 108, 12. September
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Allgemeiner Anzeiger 1924, Nr. 23, Do. 21. Februar
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Allgemeiner Anzeiger 1925, Nr. 56, So. 9. Mai
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Allgemeiner Anzeiger 1926, Nr. 75, Do. 24. Juni
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Allgemeiner Anzeiger 1938, Nr. 105, Fr. 6. Mai
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Allgemeiner Anzeiger 1938, Nr. 159, Mo. 11. Juli
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Brülls, Holger / Könnemann, Dorothee, unter Mitwirkung von Neitzel Thorsten: Ohrekreis (II) Altkreis Wolmirstedt, Denkmalverzeichnis Sachsen- Anhalt Band 10.2, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen- Anhalt Halle 2001, S. 123
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Abschlussbericht Fördermaßnahmen Soziokulturelles Zentrum Kirche Zielitz Aktenzeichen 41.5/322 109 000 775 und Aktenzeichen 41.5/322 111 000 531 Dezember 2012
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Abschlussbericht Fördermaßnahmen Soziokulturelles Zentrum Kirche Zielitz Aktenzeichen 41.5/322 109 000 775 und Aktenzeichen 41.5/322 111 000 531 Dezember 2012